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ABRAHAM, MOSES, JESUS
Interreligiöse und interkulturelle Erziehung in Baden Württembergischen Kitas verbessern
Veröffentlicht am 02.07.2012Jedes achte Kind in einer deutschen Kindertagesstätte stammt aus einer muslimischen Familie; in Ballungsgebieten sind es wesentlich mehr. Viele Defizite in Sachen interreligiöser Bildung in Deutschlands Kitas diagnostiziert eine von der Stiftung Ravensburger Verlag finanzierte und begleitete religionspädagogische Studie. Aus den repräsentativen Daten entwickelte das Forschungsteam der Universität Tübingen einen Katalog von Empfehlungen für die Praxis. Diese wurden bei einer Fachtagung, die Stiftung und Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit dem baden-württembergischen Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in Stuttgart veranstalteten, vorgestellt und diskutiert. An der Tagung nahmen mehr als 200 Verantwortliche aus Kita-Trägerorganisationen, Bildungs-, Sozial- und Jugend-Politik teil.
Den Ergebnissen der Studie zufolge findet in den Kindergärten in Deutschland interreligiöse und interkulturelle Bildung nicht in der notwendigen Verbreitung statt, wobei interkulturelle Bildung deutlich anerkannter ist als interreligiöse Bildung. In der repräsentativen Erzieher/innenbefragung gaben 84 Prozent an, in ihrer Gruppe Kinder mit Migrationshintergrund zu betreuen; mit Blick auf verschiedene Religionszugehörigkeiten waren es 77 Prozent. 58 Prozent der Erzieher/innen berichteten, dass Kita-Kinder aus religiösen Gründen oft bestimmte Lebensmittel nicht essen dürfen.
Appell an Bildungspolitik Baden-Württemberg
"Nicht nur in Ballungsgebieten, auch in ländlichen Regionen steigt das Bewusstsein, in einer multireligiösen und multikulturellen Welt zu leben. Das verlangt von den Menschen Respekt füreinander, Akzeptanz der Vielfalt und vor allem Toleranz. Die frühkindliche Erziehung und Bildung kann einen maßgeblichen Beitrag dazu leisten." Mit diesen Worten eröffnete Stiftungsvorsitzende Dorothee Hess-Maier die Stuttgarter Fachtagung. Konfessionelle und auch kommunale Kitas stünden vor neuen Anforderungen interreligiöser und interkultureller Erziehung. Die aus den Forschungsergebnissen resultierenden Empfehlungen richteten sich auch an die Bildungspolitik; die Orientierungs- und Bildungspläne müssten auf die Empfehlungen reagieren, sie ergänzen und bekannt machen. "Die Umsetzung für die Praxis muss mit allen politischen Möglichkeiten unterstützt und beim anstehenden Ausbau der Einrichtungen konsequent berücksichtigt werden", so der Appell der Stiftungsvorsitzenden.
Sie sollen in der Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft und ein gutes Miteinander gestärkt werden. Nach dem Bildungsauftrag des Orientierungsplans sollen sie dabei sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede der verschiedenen Religionen differenziert entdecken, wahrnehmen und schließlich wertschätzen lernen."
Über allen organisatorischen Vorbereitungen steht aber, dass wir Kindern Respekt und Wertschätzung für andersgläubige Menschen vorleben. Dann werden sie lernen, zu unterscheiden, ohne zu werten. Sie werden die Fähigkeit erwerben, sich zu orientieren, ihren eigenen Weg zu suchen und diesen dann auch finden."
Kitas gegenüber Grundschulen benachteiligt
Nur 7 Prozent der untersuchten Einrichtungen hätten einen Moscheebesuch im Programm, berichtete der katholische Religionspädagoge Professor Dr. Albert Biesinger. "Neben den üblichen Ausflügen zur Feuerwehr, in Backstube und Kirche sollte ein Moschee- und Synagogenbesuch ebenso selbstverständlich sein." Der evangelische Religionspädagoge Professor Dr. Friedrich Schweitzer mahnte seinerseits, man dürfe nicht aus Angst vor Konflikten die Religionen aus den Kitas verbannen. "Religion ist eine positive Ressource, nicht ein Problemfaktor!" Weder Erzieherinnen noch Eltern seien auf die Herausforderungen interreligiöser Bildung in Kitas vorbereitet, obwohl bereits vier- und fünfjährige Kinder religiöse Fragen stellen. Forschungsteamkollegin Akademische Rätin Dr. Anke Edelbrock erweiterte den bildungspolitischen Blickwinkel noch: "Es macht keinen Sinn, möglichst vielen Grundschulkindern, seien sie christlich, muslimisch oder jüdisch, eine religiöse Begleitung zu garantieren, sie den Kindern im Elementarbereich aber zu verweigern."
Empfehlungen zur interreligiösen Bildung in Kitas für Praxis und Politik
Die Wissenschaftler entwickelten einen Katalog von Empfehlungen zur interreligiösen Bildung in Kindertagesstätten.