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AUTISTEN VORURTEILSFREI BESSER VERSTEHEN
An diesem Abend überreichte Stiftungsvorstand Johannes Hauenstein den mit 12.000 Euro prämierten Leuchtturmpreis der Stiftung an Inke Haußmann und Aurica Andres für die ehrenamtliche Initiative "Autismus verstehen e. V." und den gleich dotierten Buchpreis an die Schriftstellerin Annette Mingels für ihren Familienroman "Was alles war".
Ein bis zwei Prozent der Gesamtbevölkerung befinden sich im Autismus-Spektrum, schätzen Fachleute. Man unterscheidet zwischen frühkindlichem Autismus, Asperger-Syndrom und unspezifischem Autismus
Kein Small-Talk, keine Erkennen von Mimik
"Wir erkennen heute die auffällige Symptomatik wie Rückzug, veränderte Kommunikation oder stereotype, einstudierte Verhaltensweisen. Autistische Kinder, Jugendliche und Erwachsene verfügen über eine intensive und detaillierte Wahrnehmung, sind aber kommunikativ unbegabt, können zum Beispiel den Gesichtsausdruck einer anderen Person nicht deuten, erkennen Witz und Ironie nicht, wissen mit Small-Talk nichts anzufangen. Oft leiden sie unter starken Ängsten und sind angespannt und sehr erschöpft beim Versuch, ein 'normales' Leben zu führen." Der Mediziner fuhr fort: Obwohl sie nach außen emotional reduziert erscheinen, erleben sie intensive Gefühle, die sie in sich verschließen müssen. Ein einsameres Leben ist kaum vorstellbar."
Autistische Kinder lassen sich trainieren, nicht anpassen
"Die Schule muss sich den Kindern anpassen, weil es umgekehrt nicht geht", erklärte Dr. Barth. "Jedes autistische Kind ist anders, deshalb hat die Schule den Auftrag, sich darauf individuell einzustellen. Im Gegensatz zu Kindern mit einer ADHS-Störung lassen sich Autisten zwar 'trainieren', können aber nicht im Unterricht 'problemlos' funktionieren. Es gibt auch keine Medikamente und keine Heilung dieser neurologischen Veränderung im Gehirn. Dennoch erfährt die Gesellschaft durch die Menschen im Autismus-Spektrum eine Bereicherung. Wir müssen ihnen deshalb die Chance bieten, ihre oft hochspezialisierten außergewöhnlichen Fähigkeiten, aber auch ihre Einschränkungen auszudrücken." Schulen, Universitäten und Betriebe sollten unterstützt werden, um autistische Menschen zu integrieren.
Entscheidungsfreiheit mit Schattenseite
Der Roman stelle ein gelungenes Bild unseres Zeitalters dar, in der den Menschen "die Freiheit der Entscheidung" geschenkt worden sei. Die Romanheldin könne sich jeweils pro oder contra Patchwork-Mutterschaft, eigenes Kind, berufliche Selbstständigkeit, Alleinerziehende oder traditionelle Ehefrau entscheiden. Dieser Zwang zur Entscheidung sei zwar die Schattenseite gewachsener gesellschaftlicher Freiheiten, sorge aber für ein bewussteres Leben: "Es ist keine Konvention, kein blindes Schicksal und auch nicht die Diktatur der Mutterschaft, die sie an ihre Ehe und Familie bindet oder trennt, sondern es ist die Wahl, die sie selbst für sich trifft." Typisch für eine Frauenbiografie unserer Zeit sei auch die "Vielzahl von Rollen, denen die Heldin als Wissenschaftlerin, Ehefrau, Mutter und Tochter" gerecht werden müssen.